Hauptvortrag bei der Tagung: »Mitten im Leben? Möglichkeiten der Teilhabe von Menschen
mit schweren Mehrfachbehinderungen«. Veranstalter: Evangelische Stiftung Neuerkerode.
22.10.2009 in Hildesheim. Gekürzt in (2010). Teilhabe, 4(3), 102–109.
»Wo immer sich die Unterdrückten finden, besteht auf jeden Fall der Akt der Liebe als Hingabe für ihre Sache – an die Sache der Befreiung. Insofern diese Hingabe in Liebe geschieht, kann sie nicht sentimental sein, als Akt der Freiheit darf sie nicht als Akt der Manipulation dienen. Sie muss neue Akte der Freiheit hervorbringen, sonst ist sie nicht Liebe. Nur indem sie die Situation der Unterdrückung beseitigt, kann sie die Liebe wiederherstellen, die durch diese Situation unmöglich wurde.«
Freire, 1970, S. 73
Vorbemerkung
Spätestens mit der Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte der Behinderten und ihre Ratifizierung durch die Bundesrepublik Deutschland ist ein menschenrechtlicher Zustand erreicht, der generell dazu zwingt, Behinderung als soziale Konstruktion zu betrachten. Dies ist der Grundgedanke, zu dem der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt (2006), das Denken der Konvention zusammenfasst. Für diejenigen, die in diesem Feld arbeiten, die sich täglich mit Unveränderlichkeit und Hoffnungslosigkeit konfrontiert sehen, erscheint dieser Gedanke auf den ersten Blick realitätsblind zu sein, ein Schreckgespenst von praxisfernen Ideologen und Bürokraten, mit dem scheinbar willkürlich unveränderliche Natur außer Kraft gesetzt wird. Dass dies keineswegs der Fall ist, dass die Grundgedanken dieser Konvention tatsächlich, wie die Menschenrechte, insgesamt nicht nur ein Türöffner zu geschlossenen Gesellschaften, sondern auch ein Türöffner zu geschlossenen gesellschaftlichen Bereichen sein könnten, dies möchte ich in meinem Vortrag freilegen.
Ähnlich wie dies in anderen Wissenschaftsbereichen der Fall ist, stößt auch unser Fach allmählich auf die Tatsache, dass der Begriff der sogenannten Natur eine menschliche Konstruktion ist. Solange dieser Begriff der Natur nicht in eine dualistische Trennung von Körper und Geist, von Biologie und Psychologie führt und diese wiederum von ihren gesellschaftlichen Kontexten trennt, solange ist gegen ihn nichts einzuwenden. Nur ist dies in unserem Fach und in der Geschichte unseres Faches genauso wenig der Fall, wie es in der sexistischen Reduzierung von Frauen auf Natur (physiologische Minderwertigkeit des Weibes, natürliche Mutterrolle usw.) oder der rassistischen und kolonialistischen Zuschreibung bestimmter Natureigenschaften bei anderen Völkern unserer Erde der Fall war und immer noch ist. Entsprechend stellt die UN-Konvention über die Rechte der Behinderten mehr oder weniger einen Schlussstein in einem Gefüge von Resolutionen dar, die sich gegen Rassismus, für die Rechte indigener Völker, gegen Sexismus sowie gegen den rechtlosen Status von Kindern aussprechen.
Auch im Bereich schwerer und sehr schwerer geistiger Behinderung beginnt ein verändertes Denken langsam zu greifen. Ich skizziere dies in zweierlei Hinsicht.
(1) Kognitive Beeinträchtigungen bei schwerer und sehr schwerer geistiger Behinderung und einer damit einhergehenden Einschränkung von Handeln und gesellschaftlicher Teilhabe wurden in der Vergangenheit und werden es noch heute meist als unmittelbare, kausale Folgen einer Hirnschädigung beschrieben. Aber schon seit den 1950er Jahren zeigten Ansätze sowohl aus der Neuropsychologie wie der Verhaltenstherapie, dass eine Hirnschädigung nicht unmittelbar Prozesse der Entwicklungsfähigkeit bestimmt. Daneben wurde in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zunehmend reflektiert, dass eine Reihe von psychischen und Verhaltens-Problemen nicht nur bei geistiger Behinderung allgemein existieren, sondern auch insbesondere bei schwerer und sehr schwerer geistiger Behinderung zunehmen. Dies führte zu sogenannten doppelten Diagnosen, die dem einheitlichen Menschen zugeschrieben wurden. Dass eine Rückführung kognitiver ebenso wie emotionaler Störungen auf bloß am Individuum ausmachbare Prozesse auch und gerade bei schwerster Behinderung mehr als problematisch ist, dieses Nachdenken dokumentiert sich ansatzweise bereits in einer US-amerikanischen Fachtagung des President’s Committee on Mental Retardation Mitte der 80er Jahre. Einer der Autoren weist auf der Basis entsprechender Empirie ausdrücklich darauf hin, dass, je schwerer die geistige Behinderung ist, umso eher aversive Methoden eingesetzt werden, umso eher trivialisierende Methoden verwendet werden, deren Erfolg bestenfalls vom Hörensagen bekannt ist und all dies oft mit »einem Hauch von Fanatismus« (Turnbull III, 1988), als seien hier in besonderer Weise Menschen- und Bürgerrechte außer Kraft gesetzt.
Wir kommen also nicht umhin, nicht nur über die Zusammenhänge von Körper und Geist nachzudenken, sondern zugleich über die Zusammenhänge des beseelten Körpers in der Welt nachdenken zu müssen, also von Lebewesen auszugehen, die grundsätzlich mit Intentionalität ausgestattet sind und in einer sozialen, einer gesellschaftlichen Welt leben.
Demnach wären sehr schwer behinderte Menschen besonders verwundbare Menschen, die in besonderer Weise weiteren Verwundungen ausgesetzt sind.
Wenn auch erst in Ansätzen sichtbar, erweist sich die Diagnose Posttraumatisches Psychosyndrom (PTSD) als ein wichtiger Schlüssel zum Neubegreifen der Situation. Ich verdeutliche dies an zwei Untersuchungen.
So waren gemäß Daten von Sinason (1993) von 200 PatientInnen der Tavistock-Klinik in London mit der Diagnose geistige Behinderung und emotionale Störung (160 Erwachsene, 40 Kinder) 70 % sexuell misshandelt worden (davon 67 % weiblich und 33 % männlich).
Und eine erste Erfassung von biologischen Stressmarkern bei einer Teilgruppe von 35 sehr schwer geistig behinderten Menschen (profoundly mentally retarded) aus 163 institutionalisierten Erwachsenen mit »Entwicklungsstörungen« ergab eine sehr hohe situative Stressbelastung, insbesondere in Situationen, in welchen diese Personen klinisch untersucht oder angestarrt wurden. »Diese Reaktionen resultieren aus der Unsicherheit von Personen, deren Behinderungen (disabilities) es ihnen unmöglich machen, sich an wahrgenommene Bedrohungen anzupassen«, so die Zusammenfassung des Autors (Chaney, 1996, S. 305). Auf diesem Hintergrund wäre die bei schwerer und sehr schwerer Behinderung auftretende Trias von Aggressivität, Zerstörung und – besonders bei sehr schwer behinderten Menschen – von selbstverletzenden Handlungen (Wendeler, 1993) weit eher als Mechanismus der Selbstverteidigung, denn als Pathologie zu verstehen, wäre sinnvolles und systemhaftes Verhalten.
Ich komme darauf zurück.
Zunächst aber der zweite vorweg gehende Sachverhalt, auf den ich Sie aufmerksam machen möchte.
(2) In einem Report über 50 Jahre Menschenrechte von 1948–1998 – geschrieben im Auftrag von »Inclusion international« – berichtet Klaus Lachwitz (1998), Justitiar der Bundesvereinigung Lebenshilfe, die veränderte Position von »Inclusion international« bezogen auf den Stand der Menschenrechte für geistig behinderte Menschen und über notwendige Veränderungen im Sinne einer vollständigen Gewährleistung ihrer Menschen- und Bürgerrechte ohne jegliche Einschränkung. Auf relevante Verknüpfungen mit anderen Konventionen wird verwiesen, unter anderem auf die Antifolterkonvention. Alle diese Positionen sind unterdessen in die Behinderten-Konvention eingearbeitet: Artikel 12 garantiert alle Menschenrechte und bürgerlichen Rechte, Artikel 15 den Schutz vor Folter und unwürdiger Behandlung, Artikel 16 den Schutz vor Gewalt und Artikel 24 zielt auf die umfassende Teilhabe an Bildung. Dies geschieht aus einer Position heraus, die ich aus dem Vorwort zu dem Bericht von Lachwitz zitiere: »We all know that mentally handicapped persons are, in many parts of the world, victims of degrading treatment, abuse and discrimination« (Wallström, 1998, S. 4). Dass dies auch für die Situation in Deutschland gilt, ist keine Frage. Allerdings will ich dieser Seite nicht nachgehen, nicht erneut die Frage aufwerfen, inwieweit durch Einrichtungen der Behindertenhilfe jene Sachverhalte zu wesentlichen Anteilen mitgeschaffen werden, die sie zu beheben vorgeben.
Was mich interessiert, ist eine Betrachtung von Behinderung und Entwicklung, die von unmittelbarem Nutzen für eine Neuerörterung und -betrachtung des Problems aus Sicht der MitarbeiterInnen ist, die in den momentan vorhandenen Institutionen arbeiten und sich ein besseres Verständnis und humanere Handlungsmöglichkeiten erhoffen.
Prozesse, statt Dinge sehen lernen
Wie sollen wir denken, wie können wir denken, wie können wir handeln, ohne schwere Behinderung als Natur zu verdinglichen? Dies möchte ich Ihnen unter den drei im Titel genannten Aspekten demonstrieren, vorher jedoch skizzieren, wie ein Denken in Prozessen, ein Denken in Entwicklung und nicht in Zuständen aussehen kann.
Ich benutze hierzu ein Beispiel, das der Ethnologe Clifford Geertz verwendet, um die Notwendigkeit einer in die Tiefe gehenden Erfassung von Sachverhalten zu illustrieren. Es ist, wie alle Beispiele, in seiner Reichweite begrenzt, dennoch aber geeignet, um einen ersten Einblick zu geben, was es heißt, in Prozessen zu denken
»Wenn wir uns z. B. einem Beethoven-Quartett zuwenden, ein zugegebenermaßen recht spezielles, aber für diesen Zweck recht illustratives Beispiel für Kultur, so würde es meiner Ansicht nach niemand mit seiner Partitur gleichsetzen, ebenso wenig mit den Fähigkeiten und dem Wissen, die nötig sind um es zu spielen, oder mit dem Verständnis, das Aufführende und Hörer von ihm haben […], noch auch mit einer bestimmten Aufführung noch mit irgendeiner mysteriösen Entität, die materiell nicht existiert. […]. Dass jedoch ein Beethoven-Quartett ein zeitlich verlaufendes tonales Gebilde, eine kohärente Abfolge geformter Laute, mit einem Wort, Musik ist und nicht irgendjemandes Wissen oder Glauben an irgendetwas (einschließlich der Frage, wie es zu spielen sei), ist eine Aussage, der die meisten Leute nach einigem Nachdenken wahrscheinlich zustimmen werden« (Geertz, 2002, S. 17f.).
Versuchen wir eine erste Analogie zur pädagogisch-therapeutischen Situation bei schwerer Behinderung: Diese ist weder zu reduzieren auf die bisher gezeigten Fähigkeiten behinderter Menschen und schon gar nicht auf deren sogenannte Natur, noch auf unsere Fähigkeiten, so wie das Beethoven-Quartett weder auf die Aufführenden, noch auf die Partitur oder die Instrumente, noch die Hörenden reduziert werden kann.
Was Geertz jedoch nicht hervorhebt ist, dass dieses Beethoven-Quartett als tonales Gebilde sich in die Geschichte nahezu unendlich vieler tonaler Gebilde innerhalb der Geschichte der Menschheit einfügt, also in dieser Hinsicht im je gegebenen Augenblick Ausdruck dieser Geschichte und ihre Fortsetzung unter höchst verschiedenen Alternativen ist. Die Musiker könnten es goutieren, über das Quartett zu improvisieren und das Publikum auch, es könnte aber auch zu Teilen den Saal verlassen. Die Musiker hätten ein anderes Werk auswählen können, andere Musiker hätten ein anders Quartett spielen können und das Publikum bzw. einzelne Zuhörer hätten alternativ ein anderes Konzert mit einem anderen Werk aufsuchen können und jede und jeder einzelne im Publikum wird dies in Zukunft tun und hat es in der Vergangenheit getan, sodass wir zu einer Verflechtung von Verflechtungen von Verflechtungen kommen, die alle aus der jeweils geschichtlichen Situation resultieren und sich zudem laufend ändern, so wie es niemals derselbe Fluss ist, in den wir steigen.
Ähnliche zeitliche Gebilde, aber für den Augenblick im Raum erstarrt, verdinglicht, sind Romane. Erst durch das Lesen des Aufnehmenden, der zugleich (Vor-)Leser und Hörer ist, erwacht das vielfältig zeitlich verflochtene Gebilde (einzelne Kapitel, einzelne Szenen, einzelne Motive) wieder zum Leben. Aber das Wie dieses Gebildes hängt nicht nur von Inhalt und Form des Romans ab, von den Intentionen des Autors oder der Autorin, die in ihn eingegangen sind, von der Sprache, in der er geschrieben bzw. in die er übersetzt wurde, noch von den Intentionen und Lesegewohnheiten des Lesers oder der Leserin. Es entsteht unmittelbar und in der Auseinandersetzung – so kann es sein, dass der Leser gerade in dieser Situation Teile überfliegt, die er später genau liest, oder sich in Passagen festliest, dass er das Buch vorläufig zur Seite legt, um es später wieder aufzunehmen, dass er eine Nacht durchliest usw. Prinzipiell ist das raumzeitliche Gebilde, das zwischen Leser und Roman entsteht, einmalig, zugleich aber nicht unbestimmt. Es enthält die Themen, die beide verbinden, und es ist Kontingent, es ist von der bisherigen Lektüre des Lesers abhängig und der Roman selbst ist von der bisherigen Kulturgeschichte abhängig, die durch das Schöpfertum des Autors hindurch gegangen ist.
Solche raumzeitlichen Gebilde sind durch Resonanz und Reziprozität gekennzeichnet, sie haben eine innere raumzeitliche Ordnung, einen Prozess der sie hervorbringt und den sie hervorbringen (Aufführende und Zuhörer müssen sich, vermittelt über das aufgeführte Werk, auf dieses, aufeinander und auf sich selbst einstimmen bzw. ich als (Vor-)Lesender muss mich auf mich als Aufnehmenden einstellen und umgekehrt und dies in jedem Augenblick und immer wieder neu und in Bezug zum Ganzen). Ich werde im Folgenden für diese Gebilde den von dem Literaturwissenschaftler Bachtin (1986) eingeführten Begriff Chronotop verwenden. Chronotope wie Romane oder Beethoven-Quartette enthalten in sich auf verschiedenen Ebenen weitere Chronotope: Beethovens Quartett enthält Sätze und in diesen Themen, die sich mit jedem Durchgang verändern und zu sich zurückkehren, Romane enthalten Kapitel, Motive, Szenen, die selbst den Charakter von Chronotopen haben. Und natürlich sind alle sozialen Beziehungen aber auch unsere ganz persönlichen, innerpsychischen Beziehungen in jedem Augenblick raumzeitliche Gebilde, Chronotope. Denn auch Sie selbst fluktuieren beim Zuhören zwischen den Teilen und dem Ganzen meines Vortrages. Wann kommt er denn nun, der Herr Vortragende, zu den drei Komplexen? Oh, das könnte etwas mit den drei Komplexen zu tun haben! Reduziere ich einen behinderten Menschen auf ein im Raum erstarrtes raumzeitliches Gebilde, auf die bloße Partitur? Doch wie gelange ich von der Verdinglichung wieder in den Prozess?
In diesem Denken und Fühlen sind es selbstähnliche raumzeitliche Figuren von Teil und Ganzem, zugleich höchst persönlich und höchst allgemein, die Sie in ihrem Kopf immer wieder aufs Neue beim Verfolgen meines Vortrags in Beziehung bringen.
Ziehen wir nun in Kürze die Folgerungen aus dieser Sichtweise, sowohl was persönliche als auch was soziale Prozesse betrifft, um dann am Beispiel von Anenzephalie uns mit dem Problem eines harten Kerns von Verdinglichung auseinanderzusetzen.
Beginnen wir (1) mit der sozialen Seite, mit Dietmut Niedeckens (1998) Herausarbeitung der Institution »geistige Behinderung«. Wir alle leben in einer Gesellschaft, sind groß geworden in einer Gesellschaft, in der sich vielfältige Nihellierungswünsche bis hin zu Todeswünschen mit Behinderung verbinden und in der viele Phantasmen existieren, was denn aus einer bei Geburt oder später festgestellten Abweichung von der sogenannten Norm sich Fürchterliches ereignen könne. Medizinische Diagnosen, die Eltern von behinderten Kindern mitgeteilt werden, sind häufig gepaart mit grenzüberschreitenden Voraussagen entlang solcher gesellschaftlicher Horrorvisionen. Ich zitiere aus einer eigenen Untersuchung zur Lebenssituation von Familien mit einem Kind mit Rett-Syndrom die Äußerung einer Mutter über einen frühen Arztkontakt: »Und er guckte mich nur an. ›Naja‹, sagte er, ›wo nix ist, kann nix werden«, so. Praktisch so, wie ›Mülltonne auf‹.« Derartige Phantasmen gepaart mit Todeswünschen, Wegmachwünschen sind einer der drei Bestandteile der Institution Geistige Behinderung, so Niedecken. Und sie gehen als Bestandteil unserer Kultur durch die Mediziner genauso hindurch wie durch uns selbst oder die Eltern, solange wir nicht aufgrund von Reflexion und Erfahrung gelernt haben, anders zu denken und anders zu fühlen.
Die beiden anderen Bestandteile dieser Institution sind Prozesse der Verdinglichung
(2) durch die Etikettierung mit einer möglichst medizinischen Diagnose (wenn nichts Anderes zur Verfügung, dann »Hirnschädigung unklarer Genese«), die dann in den Akten steht, aber als Diagnose für Pädagogik und Therapie folgenlos bleibt. Prüfen Sie einmal die Diagnosen in den Akten Ihrer Einrichtung, soweit Sie dort überhaupt Einblick haben. Sie bleiben bis auf eng medizinische Diagnosen, wie zum Beispiel bestimmte Muster von Anfallserkrankungen, selbst für die medizinische Behandlung bedeutungslos. Im Alltag wird diese ergänzt durch verdinglichende pädagogische und therapeutische Verfahren, je schwerer die Behinderung, desto weniger in ihrer Wirksamkeit überprüft und »mit einem Hauch von Fanatismus«, wie bereits zitiert. Und zudem ist die wohl häufigste medizinische Medikamentenvergabe in Großeinrichtungen in der Regel eine solche zur Verhaltenskontrolle – das heißt Psychopharmaka.
(3) Und derartige verdinglichende Verfahren, seien sie medizinischer wie pädagogischer Art, sind der dritte Bestandteil der Institution geistige Behinderung, so Niedecken. Wir finden die Wirkweise solcher Verdinglichungen ebenso in Beschreibungen von MitarbeiterInnen wieder, doch schon alles Mögliche versucht zu haben, oder in den Fluchten in immer neue Methoden oder in der Anwendung von trivialisierten Verfahren gerade bei sehr schwer behinderten Menschen. Je größer die Differenz zur sogenannten Normalität desto ausgeprägter die Praxis der Verdinglichung.
Die andere Seite ist: Innerhalb dieser Institution Geistige Behinderung treffen wir auf Menschen. Wir versuchen menschliche Beziehungen einzugehen. Wir werden immer wieder enttäuscht, dass dies scheinbar nicht erwidert wird, und immer wieder gekränkt, da wir nicht verstehen, was sich vor unseren Augen abspielt. Und wie uns die soziologischen Forschungen über Heime und Anstalten zeigen, bewegen wir uns dabei in Zyklen oder auch Loopings von Annäherung und erneuter Distanznahme (vgl. C. Fengler & T. Fengler, 1994).
All das, was uns kränkt oder den Alltag stört, ent-subjektivieren wir entweder als Bestandteil von Krankheit oder wir re-subjektivieren es als bewusste Böswilligkeit, als Provokation oder gar als Kriminalität, so die einschlägigen Ergebnisse. Verdinglichung ist beides: das Reduzieren eines komplexen Lebens auf einen körperlichen Zustand oder auf ein Verhalten in einer Situation, die wir nicht verstehen, die wir nicht bewältigen, verbunden damit, dass wir für dieses Nicht-Verstehen, für dieses Nicht-Bewältigen nicht verantwortlich sind. Wir sind in einer Geschichte, die durch uns hindurchgeht, deren Teil wir sind, und die wir zugleich schreiben. Und immer wieder werden unsere Gefühle beschädigt, wir werden gekränkt und zurückgewiesen.
Wie aber derartige Geschichten anders schreiben? Und damit zum sinn- und systemhaften Verhalten unter den Bedingungen schwerer Behinderung.
Behinderung als sinnvolles und systemhaftes Verhalten unter isolierenden Bedingungen und das Problem der Differenz
Wir müssen allem bisher unverständlichen Verhalten – Verhalten ist das, was wir sehen – prinzipiell unterstellen, dass es aus Sicht der betroffenen Personen sinnvoll und systemhaft ist. Dies zeigen uns zunehmend theoretische Überlegungen, praktische Befunde, Berichte von Eltern und Angehörigen und nicht zuletzt auch Selbstberichte von Personen, die entsprechenden Lebenslagen entkommen sind oder in ihnen leben: Entkommen zu Beispiel im Falle von Koma, das für einen gewissen Zeitraum ähnliche Bedingungen schafft wie bei einer Anenzephalie, das heißt eine Außerkraftsetzung der Großhirnfunktionen und dauerhaftes Leben unter diesen Bedingungen, für die im Falle von Anenzephalie keine persönlichen Berichte existieren und existieren können, wohl aber für Epilepsie oder Autismus. Und hier liegen uns ebenso wie bei Koma hinreichende und detaillierte Berichte betroffener Menschen vor.
Allgemeine entwicklungsneuropsychologische Grundlagen
Was alle diese Personen gemeinsam haben, ist eine Verfasstheit menschlicher Natur, die
(1) von Anfang an nicht nur körperlich, sondern zugleich psychisch und sozial ist,
(2) den Aufbau innerer Räume von Gedanken und Gefühlen beinhaltet, wie rudimentär diese zunächst auch immer sein mögen, Gedanken und Gefühle, die auf sozialen Austausch, auf Bindung, Dialog, Kooperation, Sprache, Anteil an der Kultur zielen und durch diese entstehen und sich entwickeln.
(3) wie alle Menschen die Grundeigenschaft der Verwundbarkeit aufweisen, insbesondere aber der Verwundbarkeit durch Bindungsentzug, durch Isolation, durch Gewalt. Wir alle kennen derartige Situationen unter dem Begriff »Sinnverlust«: das geliebte Kind wird überfahren, der Partner verlässt uns oder betrügt uns, unsere soziale Welt bricht durch eine Kündigung aus dem Nichts heraus zusammen. Und wir alle wissen, dass wir uns in solchen Situationen manchmal verhalten, als wären wir nicht wir selbst.
All dies ist der Fall, weil alle Menschen als Grundvoraussetzung ihres Lebens auf soziale Beziehung, auf eine verlässlich erscheinende Welt, auf Zuwendung, Vertrauen, Anerkennung und Liebe angewiesen sind. Die moderne Neuropsychologie liefert hierfür unter dem Titel »Das Gehirn als soziales Organ« bzw. als »Beziehungsorgan« interessante Erklärungen.
Colwyn Trevarthen, langjähriger Professor für Neurowissenschaften an der Universität Edinburgh und weltweit einer der bedeutendsten Autoren zur Neuropsychologie der frühkindlichen Entwicklung, geht von der folgenden Grundnahme aus:
Bereits im allerfrühesten Stadium der beginnenden Funktionen des Zentralnervensystems, das heißt in der 5. bis 8. Embryonalwoche, bildet sich auf der Ebene des Stammhirns, genauer gesagt im Bereich der formatio reticularis, die schon lange als funktionelles Zentrum der Aktivation gilt, ein sogenanntes intrinsisches Motivsystem heraus (IMF = Intrinsic motive formation), das auf einen freundlichen Begleiter zielt. Trevarthen und Ko-Autoren (1998) betrachten es als »the heart of the developing mind«. Es ist die Grundlage aller Bindungs- und Dialogprozesse, aller Prozesse der primären Intersubjektivität, die lange vorgeburtlich existiert, mit der wir geboren werden, sowie der sekundären Intersubjektivität, die wir mit dem Aufbau der gegenständlichen und sozialen Erfahrungen, eingebunden in unsere Erfahrungen von Bindung und Anerkennung, in der Welt entwickeln. Die Annahme eines intrinsischen Motivsystems verlangt einige Zusatzannahmen, die von dieser Autorengruppe wie folgt dargestellt werden:
(1) Dieses IMF muss sich mit Systemen verbinden, welche die Möglichkeit von Handlungen beinhalten, über die mit bedeutsamen Anderen in Interaktion getreten wird. Dies ist an erster Stelle das emotional motorische System der Gesichtsmuskulatur (EMS), das sofort nach der Geburt in den frühen Dialogen Befindlichkeiten ebenso wie Veränderungen von Befindlichkeiten ausdrücken kann. Es schafft damit wesentliche motorische Handlungsgrundlagen für die Austauschbeziehungen mit der Mutter oder anderen Bezugspersonen. Darüber hinaus sind aber zwei weitere Systeme, zwei Aspekte des Abbilds der Welt im Psychischen des sich entwickelnden Kindes, also des beseelten Körpers in der Welt, zwingend notwendig.
(2) Zum einen muss im Psychischen ein Begriff des eigenen Selbst, der eigenen Körperlichkeit existieren. Der psychische Begriff eines Körperselbst (vgl. hierzu Damasio) muss bereits auf der embryonalen und fetalen Ebene der zunehmenden Funktionsfähigkeit des IMF in Form eines virtuellen Selbst angelegt sein. Und er ist dies durch die Fluktuation des Körperzustandes zwischen den Polen von Unlust und Wohlbehagen, reguliert über das vegetative Nervensystem.
(3) Und ebenso muss in irgendeiner Form der Begriff eines virtuellen Anderen gegeben sein, sonst könnte sich der sich entwickelnde Fetus nicht bereits vorgeburtlich auf dialogische Prozesse einstellen, wie zum Beispiel die wechselseitige Koordination seiner Strampelbewegungen mit den Kontraktionen der mütterlichen Uteruswand.
Die Wahrnehmung des eigenen Selbst ebenso wie des auf die Außenwelt bezogenen Handelns werden grundsätzlich über einen weiteren psychischen Mechanismus vermittelt, der im Kontext der schon benannten Voraussetzungen ebenso wie des beobachtbaren fetalen Verhaltens im Uterus zwingend vorausgesetzt werden muss. Den von Trevarthen (2001) genannten drei Zusatzannahmen zur Existenz des IMF wäre als vierte hinzuzufügen:
(4) Der sich entwickelnde Organismus, also der beseelte Körper in der Welt, muss von Anfang an über emotionale Bewertungssysteme verfügen, denn nur so können virtuelles Selbst und virtueller Anderer in Beziehung gesetzt werden und nur so kann der Bedarf nach Reziprozität und Resonanz mit freundlichen Begleitern oder nach deren temporärer Unterbrechung aufgrund von Sättigung wahrgenommen und ausgedrückt werden. Emotionen realisieren und signalisieren dem beseelten Körper in der Welt in jedem Augenblick, was für ihn gut und was für ihn weniger gut ist. Sie bilden den Schlussstein für das damit generell und auf jedem Niveau menschlicher Existenz angelegte System sinnvollen, systemhaften und intentionalen Handelns (vgl. Jantzen, 2007a, 2008).
Aufgrund ihres Entstehens im frühesten Kernbereich der Konfiguration des ganzheitlichen Zentralnervensystems muss die Funktionsweise und Gegebenheit all dieser Systeme sowohl bei Koma als auch bei Anenzephalie grundsätzlich unterstellt werden.
Anenzephalie
In ähnliche Richtung des Denkens zielen zunehmend wahrnehmbare Veränderungen in der medizinischen Sichtweise, sowohl bei Koma als auch bei Anenzephalie, ganz davon zu schweigen, dass die praktischen Erfahrungen von Angehörigen und Eltern längst dafür sprechen, dass sehr viel mehr an Entwicklung möglich ist, als im Rahmen einer objektivierenden und defektbezogenen Sichtweise auch nur ansatzweise gesehen werden konnte. In einer gerade erschienenen Arbeit über Autonomes Körperselbst im Wachkoma verweist Andreas Zieger, ein Pionier in der Veränderung dieser Sichtweisen, unter Auswertung differenzierter neurowissenschaftlicher und beziehungsmedizinischer Kenntnisse auf eine Reihe von Aspekten, welche ein völlig neues Verständnis nahelegen. Wachkoma wäre zu verstehen als
»grenzwertig menschenmögliche Seinsweise und als erste Stufe der Remission aus einem tiefen Koma und als Antwort des Organismus auf eine schwerste Hirnschädigung. […] Dieser Seinsweise entspricht im tiefen Koma eine völlige (aktive Zurücknahme) auf das autonome Körperselbst, physiologisch verstanden als Zentralisation eines durch Stresstrauma schockierten Organismus, psychologisch verstanden als Rückerinnerung auf vertraute und sichere Vorstufen der Selbstentwicklung« (Zieger, 2009, S. 239).
Entsprechend ist die gesamte Körpersemantik, die Ausdruckssprache des Körpers neu zu interpretieren. Die sogenannten Massenreflexe und Primitivschablonen »lassen sich als Erbkoordinationen und für den Organismus in spastischer Haltung als je nur einzige zur Verfügung stehende Möglichkeit zur Selbstaktualisierung nachvollziehen« (ebd., S. 240).
Wie kann man aber unter diesen Bedingungen die so dringend erforderliche freundliche Begleitung für die PatientInnen erfahrbar machen? In einer älteren Arbeit verweist Zieger (1993) darauf, dass sich bei Eintreten von Angehörigen bei PatientInnen im Wachkoma verschiedene Biorhythmen koppeln. Ersichtlich bedeutet freundliche Begleitung ebenso wie bei neugeborenen Kindern die Herstellung von Resonanz und Reziprozität durch Realisierung dialogischer und kommunikativer Strukturen, so lehrt uns die moderne Neuropsychologie der frühen Bindung (Schore, 1994, 2001a, b). Dies erklärt auch die große Wirkung von Musik und Rhythmizität bei allen Formen von Beeinträchtigung und nicht nur dort (Perret 2005; Malloch & Trevarthen, 2009), aber nur dann, wenn ein Chronotop entsteht, wie jenes des Beethoven-Quartetts. In seiner Amsterdamer Spinoza-Vorlesung, später als Buch über die Sozialität von Gehirnen unter dem Titel Societies of Brains erschienen, hat der Neurowissenschaftler Walter Freeman im Prolog Rilkes Liebeslied vorangestellt, das genau dieses ausdrückt (zitiert nach Freeman, 1995, S. 4):
»Doch alles was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.«
Und gleiches gilt zur Frage der freundlichen Begleitung selbstredend auch für Anenzephalie.
Medizinisch betrachtet existiert dieser Komplex in zwei Hauptformen:
- ➣ Die Anenzephalie im engeren Sinne gilt als »eine schwere, nicht mit dem Leben zu vereinbarende Fehlbildung des Zentralnervensystems. Es fehlen Knochen des Schädeldaches und Teile des Gehirns […] Von den unteren Gehirnabschnitten (Hirnstamm und Kleinhirn) sind zumindest noch Teile grundsätzlich vorhanden« (Goll, 2010). Weder sind diese Kinder also hirnlos, noch ist dies gänzlich unvereinbar mit dem Leben, denn sie erleben und überleben ihre Geburt, wenn auch nur wenige Tage oder Wochen. Insofern sind sie mit allen Grundmechanismen ausgestattet, welches das funktionelle System aller funktionellen Systeme des ganzheitlichen Menschen bereitstellt, das Intrinsische Motivsystem, als Herz der sich entwickelnden psychischen Prozesse, als sich entfaltendes Chronotop aller psychischen Chronotope.
- ➣ Die zweite Form der Anenzephalie, die Hydranenzephalie ermöglicht ein längeres Leben von Monaten, über Jahre bis zu Jahrzehnten. Die Schwere der Hirnschädigung ist vergleichbar, jedoch ist der Schädel geschlossen und die fehlenden Gehirnteile sind durch Liquor ersetzt.
Auch hier zeigen medizinische Erörterungen, dass die Frage der Entwicklungsfähigkeit noch lange nicht abschließend beantwortet ist und die Frage »Wie viel Gehirn braucht ein Mensch?« (Zieger, 2004) überzuführen ist in jene entscheidendere »Wie viel Mensch braucht ein Mensch?«.
So erfahren wir die Geschichte eines Jungen mit dieser Diagnose, der gehen lernte sowie Ansätze von Sprache benutzte (Lorber, 1983). Und vier Fallberichte aus einem medizinischen Sammelreferat (Shewmon et al., 1999) belegen die Möglichkeit sensomotorischer Bewusstseinsentwicklung bis hin zu Ansätzen von Sprache und zur Wahrnehmung des eigenen Spiegelbildes. Keine Frage, dass Paresen oder epileptische Anfälle die soziale Isolation bei Hydranenzephalie massiv vergrößern können, keine Frage aber, dass alle geschilderten Kinder außerordentlich stark von Bindung gebenden Personen profitiert haben. Entsprechend bemerken die Autoren des Sammelreferats denn auch, dass die bisherige medizinische Einschätzung weit eher eine selbst erfüllende Prophezeiung darstellt, als der Realität zu entsprechen. Und ihre Schlussfrage, ob subkortikale Prozesse eine vertikale Plastizität besitzen, also einen hierarchischen Aufbau von psychischen Funktionen in der Entwicklung gewährleisten können, kann unterdessen mit harten neurowissenschaftlichen Argumenten nur bejaht werden (vgl. Jantzen, 2008b). Derartige Prozesse, welche die von Piaget beschriebenen Niveaus der Entwicklung der Intelligenz absichern, werden grundsätzlich in der menschlichen Hirnentwicklung realisiert, sie sind Universalien, sogenannte konservierte Kernprozesse (vgl. Schore 2001a, Abb. 3; Thatcher, 1994; Jantzen, 2007b) und sind auch bei Fehlen des Großhirns als Entwicklungsmöglichkeit bis in die Grenzbereiche zwischen sensomotorischer und symbolischer Intelligenz verfügbar. Ob sich diese Voraussetzungen optimal oder bloß funktional umsetzen, dies hängt von der Bindung gebenden und Kultur vermittelnden sozialen Entwicklungssituation ab. Dass sie aber unter allen Umständen vorhanden sind, zeigen kurze Passagen aus einem Bericht, den ich vor Jahren unter dem Titel Nelly – oder die freie Entwicklung eines jeden (Jantzen, 2001) publiziert habe. – Sie finden ihn auf meiner Homepage. Die folgende kurze Passage daraus belegt mehr als deutlich, dass gemeinsame Chronotope von Resonanz und Reziprozität, von Lernen und Entwicklung grundsätzlich realisierbar sind.
Kurz zur Vorgeschichte: Frau Nelly Rosario ist der harte Kern vom harten Kern einer Großeinrichtung (vgl. Jantzen, 2003). Zweimal wurde sie als hirntot diagnostiziert, dass erste Mal im Alter von elf Monaten in Verbindung mit einer schweren Enzephalitis (vermutlich das zu schwerer Epilepsie führende Rasmussen-Syndrom oder ein vergleichbares virales Syndrom), in deren Folge sich eine Hydranenzephalie entwickelte. Eine Computertomografie im Alter von 15 Jahren zeigt, dass wesentliche Teile des Großhirns durch Liquorflüssigkeit ersetzt sind. Fast ihr ganzes Leben ist sie institutionalisiert, sie ist blind, tetraspastisch und leidet unter schwerem Asthma. Der amtsrichterliche Befund lautet: »Eine Verständigung mit ihr ist nicht möglich.« Dass dies sehr wohl möglich war, dokumentieren Videoaufnahmen, gedreht von einer unserer Studentinnen, Mitarbeiterin in Frau Rosarios Gruppe und einer unserer Absolventinnen, dort stundenweise eingesetzt im Rahmen meiner konsiliarischen Unterstützung für die Reform dieser Einrichtung in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre. Mehrere Wochen nach den Aufnahmen verstirbt Frau Rosario im Alter von 26 Jahren. Frau Rosario selbst ist klein und zierlich und extrem abgemagert; sie erinnert an Bilder von KZ-Insassinnen. Ihre Hände sind kontrahiert und stehen im rechten Winkel von den Unterarmen ab.
Ich zitiere die Zusammenfassung der Schlusspassage des aus den Videoaufnahmen erstellten, circa 14 Minuten dauernden Filmes (Foge & Tweitmann, 1999):
»Martina hat Nelly wie ein Baby mit dem Kopf herzseitig auf dem Schoß und im Arm, der Gesichtsabstand zwischen beiden Frauen beträgt circa 30 Zentimeter. Martina spricht Nelly immer wieder mit allen im ›baby-talk‹ verwendeten Ausdrucksbewegungen an. Nelly reagiert mit Schmatzen und Bewegungen der Zunge. Martina unterbricht immer wieder ihre Ansprache und lässt Nelly Zeit für ihre Äußerungen, dabei streichelt sie Nellys rechte Hand. Nach einiger Zeit synchronisiert sich der Dialog. Martina spricht, Nelly antwortet, Martina antwortet, Nelly spricht (indem sie nach Absetzen von Martinas Äußerung beginnt, den Mund zu bewegen und zu schmatzen)« (Jantzen, 2001, S. 332).
Unsere Aufnahmen dokumentieren, dass Frau Rosario ihre Fähigkeiten auf jeden Fall auf dem dritten sensomotorischen Niveau nach Piaget realisiert, vermutlich höher, jedoch aufgrund ihres außerordentlich geringen gegenständlichen Erfahrungsbereichs für uns aus den kurzen Videodokumenten nicht unmittelbar ablesbar. Sie sehen: Auch unter den schwierigsten Lebensbedingungen ist Entwicklung möglich. Frau Rosario, sonst kaum einmal mehrere Minuten belastbar, arbeitet über die gesamte Zeit der Aufnahmen, fast eine Stunde kontinuierlich mit und als sie eine Ruhepause einlegen soll, protestiert sie heftig dagegen. Sie sehen: Auch unter komplizierten Umständen werden die sensomotorischen Niveaus durchlaufen und soweit möglich gezeigt. Dies ist es, was der Begriff »funktionale Entwicklung« meint. Den Gegensatz einer »optimalen Entwicklung« habe ich am Beispiel eines Mädchens ebenfalls mit der Diagnose Hydranenzephalie erfahren, nennen wir sie Madeleine, als ich die Umwandlung eines Kindergartens für schwerstbehinderte Kinder der Spastikerhilfe Bremen zu Beginn der 80er Jahre unterstützte und begleitete (vgl. Seidler, 1992). Ebenfalls schwer tetraspastisch und ohne Sprache realisierte Madeleine, sie wurde acht oder neun Jahre alt, ihre sogenannten Reflexmuster so, dass dies dem gezielten Einsatz von Mustern des 5. sensomotorischen Stadiums entsprach. Der gravierende Unterschied lag darin, dass sie zu Hause lebte und an die Mutter sicher gebunden war und dass sie jetzt einen integrativen Kindergarten besuchte, mit hohen Fachkompetenzen des Personals, Situationen dialogisch zu gestalten.
Und diese Differenz zwischen funktionaler und optimaler Entwicklung leuchtet selbst in den kurzen Passagen unseres Videos auf, wo Frau Rosario, ganz im Unterschied zu ihrer sonstigen Situation, Kompetenzen zeigt und sich engagiert. Also auch hier gibt es wie bei Koma einerseits organische Beeinträchtigungen, die nur noch ein höchst eingeschränktes Körperselbst ermöglichen, aber innerhalb dieses Selbst wiederum ein Fluktuieren zwischen Bewahren des Selbst unter schwierigsten Bedingungen und Öffnen des Selbst im Dialog. Und damit wird in die Möglichkeit eines entwicklungsfördernden, der jeweiligen Zone der nächsten Entwicklung entsprechenden und unterstützenden Lernens eingetreten.
Hier gewinnt die Aussage des herausragenden russischen Psychologen Vygotskij über die Rolle der Emotionen nochmal besondere Berechtigung: Emotionen »öffnen und schließen das Gehirn, sie sind die aller niedrigsten, uralten, primären Systeme des Gehirns und die aller höchsten, spätesten, in ihrer Ausbildung nur dem Menschen eigenen« (Vygotskij, 2001 [1934]).
Die Bedingung der Möglichkeit, dass diese Öffnung erfolgt, liegt in den Bedingungen des sozialen Feldes, in den notwenigen Strukturen von Dialog und Kommunikation, mittels derer Resonanz und Reziprozität hergestellt werden.
Epilepsie
Auf vergleichbare Zusammenhänge stößt man bei näherer Befassung mit dem Thema Epilepsie. Aus der ungeheuren Komplexität der hier zugrunde liegenden Prozesse möchte ich eine bestimmte, zentrale Fraggestellung aufgreifen, die – insbesondere unter Anwendung moderner Ableitungs- und bildgebender Verfahren, gepaart mit der Mathematik dynamischer, nichtlinearer Systeme sowie weiteren biokybernetischen Ansätzen – uns ein höchst interessantes dynamisches Bild von Anfallsentstehung und Anfallsverlauf liefert. Unbehandelt bleibt in meinen kurzen Ausführungen die in jedem Fall dringend erforderliche medizinische Basis jeder Epilepsiebehandlung und -einstellung, sehr wohl aufgegriffen werden jedoch die zahlreichen Erfahrungen, Anfälle selbst oder von außen beeinflussen zu können. Hauptproblem bleibt, dass beim gegenwärtigen Stand der Diskussion nur wenig Literatur zum Verhältnis von geistiger Behinderung und Epilepsie existiert und dass diese Diskussion bisher weder dem sich abzeichnenden Neuverständnis im Bereich geistige Behinderung noch im Bereich der Epilepsie Rechnung trägt.
Berichte von Personen mit Epilepsie zeigen, dass es oft weit mehr die sozialen Mechanismen des Umgangs mit ihnen sind, als die Anfälle selbst, unter denen sie leiden (Hanses, 1996; Schachter, 1998). In der »Verborgenheit des Organischen agiert das Soziale«; Epilepsie erscheint als »Ausdruck ungelebten Lebens« (Hanses, 1996, S. 523).
Die soziale Entwicklungssituation eines Lebens mit Epilepsie ist in der Regel durch innere und äußere Bedingungen eingeschränkt, sei es die Einschränkung der gesellschaftlichen Teilhabe durch Ausgrenzung, Stigmatisierung, soziale Diskriminierung, seien es die Einschränkung durch erlernte Hilflosigkeit und durch Angst, seien es unmittelbare Begleiterscheinungen und Folgen der Anfälle, seien es Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente, seien es die Veränderungen im Familiensystem, die Erfahrungen im Umgang mit Professionellen oder langfristige affektive Veränderungen, häufig depressiver Art und andere mehr.
»Das Anfallsleiden umfasst das ganze Spektrum von körperlichen und seelischen Empfindungen und ist individuell so verschieden ausgeprägt, dass nur genauestes Hinhören und immer neue Berichte von Patienten allmählich ein zutreffendes Bild geben. […] Auch das Wieder-zu-sich-Kommen ist bei jedem Menschen anders« (Schachter, 1998, IX).
Die Dramatik des Erlebens der eigenen Anfälle (und der Reaktionen der Umgebung)
ist gravierend:
»Für die Person, die die Anfälle hat, sind Scham und Enttäuschung, von unseren eigenen Körpern irgendwie betrogen zu werden, von dem Gefühl begleitet, dass wir einen kleinen Tod überlebt haben. Eine der Bestandssaufnahmen bei Menschen mit Epilepsie ergab, dass 60 Prozent von ihnen erwarteten, während des Anfalls zu sterben« (Murphy, 2002, S. 43; Übersetzung W. J.).
Das große Problem ist es, bei einer ungeheuren Vielfalt höchst unterschiedlicher Ausprägungen, einerseits theoretische Kenntnisse als Sonden der Analyse in komplexen Situationen haben zu müssen, andererseits, niemals die Einzigartigkeit der je gegebenen Situation reduzieren zu dürfen. Allerdings weisen einige neuere theoretische Auffassungen in eine für unser pädagogisches Denken ebenso wie für die Wahrnehmung des höchst individuellen Erlebens durchaus Erfolg versprechende Richtung (vgl. zum Folgenden Jantzen & Mardones, 2010).
Unabhängig von Art und Schwere der Epilepsie gilt es, dass es sich hier um das Zusammenspiel verschiedener Neuronenpopulationen, Verbänden von Nervenzellen handelt. Dies sind 1. Zellen, die Schrittmacher der Rekrutierung sind, 2. Zellen, die rekrutiert werden können, und 3. Zellen, die nicht rekrutiert werden. Ihr Zusammenspiel bestimmt die Spezifika und die Tiefe des Anfalls. Im Zentrum dieser Prozesse stehen Schwellenwertveränderungen der den Anfall auslösenden Nervenzellgruppen. Diese zeigen sich in der präiktalen Phase, der Phase vor dem Anfall, meist schon vorher unter anderem in veränderter Stimmung und Selbstwahrnehmung, im Verhalten aber auch in biometrischen Ableitungen der Gehirnaktivität. Daher vergleichen biokybernetische Arbeiten der letzten Jahre die präiktale Phase mit dem beginnenden Prozess des Herunterfahrens eines Computers, das nach Schließung der verschiedenen laufenden Programme dann sehr schnell erfolgt; Dies wäre die iktale Phase: ein Computer, der beim Resetting in der gleichen Reihenfolge wieder hochgefahren wird. Natürlich hinkt dieser Vergleich, andererseits verweist er jedoch ebenso auf Prozesse des stufenweisen Zurückgehens in der präiktalen Phase wie auf entsprechende Prozesse des Neuaufbaus der psychischen Funktionen in der postiktalen Phase. Auf einen derartigen Prozess des Neuaufbaus habe ich im Bereich des Komas in Form seiner verschiedenen Remissionsstufen bereits verwiesen. In der Biokybernetik ebenso wie in der physikalischen Theorie der Selbstorganisation bezeichnet man derartige Prozesse des »Herunterfahrens« als Hysterese, ein System geht bzw. »krebst« (Jantsch, 1979) einen Entwicklungspfad zurück, den es bisher gegangen ist. Und selbstverständlich erfolgt auch die Reorganisation des Psychischen nach dem Anfall im Rahmen verschiedener Ebenen des Psychischen und Bewusstseins längst entsprechenden Entwicklungspfaden.
Und ebenso wie bei Koma erfolgt bei jenen Anfällen, die zum Bewusstseinsverlust führen, eine Rückführung auf eine spezifische, nicht bewusstseinsfähige Stufe des Kernselbst (vgl. Damasios Typologie solcher Stufen; insb. Damasio, 2003, S. 73, S. 371), natürlich je nachdem, welche Teile der höheren psychophysischen Funktionen entsprechend der Spezifik des Anfalls außer Kraft gesetzt sind. Wie bei Koma oder Anenzephalie bleibt jedoch auch hier immer ein basales Fenster des Kernselbst zur Welt verfügbar, das durch Prozesse der Resonanz und Reziprozität erweitert werden bzw. in größerem Umfang offengehalten werden kann. Dies gilt auch während des Anfalls, zumindest auf elementarer sensomotorischer Ebene. Folglich gilt, dass auch hier einer dialogischen Anfallsbegleitung die Zukunft gehören dürfte, einer Begleitung, die auf Resonanz und Reziprozität orientiert ist, zurückhaltend und emotional warm agiert und zugleich ggf. aktiv sensomotorisch absichert. Vielversprechende Grundlagen und Erfahrungen einer derartigen Praxis der Absicherung und Intervention existieren bereits, in Ansätzen auch im Bereich der periiktalen Phase.
Für die präiktale Unterstützung von EpilepsiepatientInnen existieren schon vielfältige, über Literatur und praktische Ausbildungsmöglichkeiten zugängliche Möglichkeiten.56 Dies sind unter anderem verhaltenstherapeutische Verstärkungsstrategien bei Kindern, Selbstkontroll-Techniken sowie Bio-Feedback bei Erwachsenen. Aufgrund der häufig mit Angst und Anspannung verbundenen ersten Wahrnehmung möglicher Anfälle sind insbesondere bei Kindern die Reduzierung von Anforderungen, emotionale Unterstützung und sinnvolle, wenig beanspruchende motivierte und motivierende Tätigkeitsinitiativen in den Mittelpunkt zu stellen unter der Perspektive einer späteren, soweit möglichen Selbstregulation.
Für eine periiktale Unterstützung finden sich, ich habe dies bereits angedeutet, außer den üblichen Standardanweisungen für die Realisierung erster Hilfe nahezu keine Überlegungen in der Literatur. Ich habe aber darauf verweisen, dass hier bereits erprobte und begründbare Ansätze bestehen, deren Veröffentlichung in absehbarer Zeit erfolgen wird.
Für den postiktalen Bereich gelten vielfältige Prozesse der sozial-emotionalen Absicherung bei der Rückkehr aus dem Anfall, einschließlich der Unterstützung in der psychosozialen Bewältigung des Anfallsgeschehens. Hier liefern vor allem auch die Berichte von PatientInnen wertvolle Anregungen für unterstützendes Handeln.
Interiktal hat eine umfangreiche, altersspezifische Unterstützung in der Teilhabe an vielfältigen Lebensprozessen in Alltag, Beruf, Kultur, Freizeit usw. im Mittelpunkt zu stehen. Und soweit psychotherapeutische Intervention aufgrund von im Kontext der Epilepsie auftretenden psychiatrischen Erkrankungen erforderlich ist, sind Methoden zu bevorzugen, die eine Fokusverschiebung »weg von störenden Persönlichkeitseigenschaften hin zu den damit assoziierten Konflikten« beinhalten (Schmutz et al., 2005, S. 217).
Soweit zu einigen Aspekten des Neudenkens von Epilepsie. Auch hier ist unsere Fähigkeit entscheidend, entsprechende dialogische Räume initiieren und aufrechterhalten zu können, innerhalb derer, auf welchen Niveau auch immer, Reziprozität und Resonanz gesichert werden, je entsprechend unserer Einzigartigkeit wie der Einzigartigkeit des je Anderen.
Autismus
Ich komme zum letzten Aspekt meiner Ausführungen. Ich habe hierfür das Thema Autismus gewählt, da hier das fremdartige, störende, uns infrage stellende Verhalten nicht so unmittelbar auf Natur zurückgeführt und verdinglicht werden kann, wie zum Beispiel bei Koma, Anenzephalie oder Epilepsie, sondern als gezielter, von uns unverstandener Angriff auf unser Selbst verstanden werden muss. Dass Autismus verdinglicht wird, ist allerdings keine Frage. Nach wie vor stehen im Umgang mit autistischen Menschen Verhaltenstechniken und Verhaltenskontrollen im Vordergrund, so zum Beispiel Verhaltenstherapie oder Behandlung mit Psychopharmaka.
Da sogenannte autistische Züge gerade schwer- und schwerstbehinderten Menschen sehr häufig zugeschrieben werden, ist es von besonderer Bedeutung, abschließend diesen Aspekt ihres sinnvollen und systemhaften Verhaltens aufzugreifen.
Was ist Autismus? Zunächst einmal, entsprechend den Überlegungen der internationalen Klassifikationssysteme DSM IV und ICD 10, liegen bei Autismus eine qualitative Beeinträchtigung wechselseitiger sozialer Aktionen, eine qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation sowie eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster vor. Als die beiden Hauptsymptome gelten sozialer Rückzug sowie Veränderungsangst. Neben dem frühkindlichen, dem Kanner’schen Autismus, werden im Rahmen des Autismus-Spektrums weitere Störungen unterschieden, wie zum Beispiel atypischer Autismus, Asperger-Syndrom und Rett-Syndrom. Aber auch außerhalb dieses Spektrums zeigen sich vergleichbare Störungen, so beim Fragilen-X-Syndrom, das aufgrund einer genetischen Ursache von den anderen Syndromen unterschieden werden kann und schließlich in der Zuschreibung von sogenannten »autistischen Zügen« bei zahlreichen anderen Formen von Entwicklungsbeeinträchtigung. In neurowissenschaftlicher Hinsicht werden zahlreiche Teile des Gehirns mit Autismus in Verbindung gebracht, meist ohne Reflexion, was Ursache und was Folge dieser Störung sein könnte. Doch bereits vor Erstbeschreibung des frühkindlichen Autismus-Syndroms durch Kanner 1943 und der zeitgleichen Beschreibung des Asperger-Syndroms 1944, das sich erst nach dem dritten Lebensjahr bemerkbar macht, erfolgte 1926 die Erstbeschreibung des späteren Asperger-Syndroms durch Suchareva. Unter Aufgreifen der bei ihr bereits entwickelten psychodynamischen Grundauffassungen (Suchareva, 2010 [1930]) erfolgt bereits 1931 durch Vygotskij (1993 [1931]) ein Einbezug in allgemeines entwicklungspsychologisches Denken. Dieser Ansatz ist noch heute hochaktuell und in Einklang mit den gegenwärtig wichtigsten psychodynamischen Ansätzen, sodass ich ob der Kürze der Zeit auf deren Darstellung verzichten kann.
Entsprechend der von Vygotskij aufgestellten grundlegenden Regel der Entwicklungsneuropsychologie leiden bei einer Schädigung in der Kindheit die am nächsten über der Schädigung liegenden funktionellen Systeme am meisten (Vygotskij, 1985 [1934]). Sie bilden mit der Schädigung zusammen den Kern der Retardation. Allerdings führt dies nicht zwangsläufig zur Unterentwicklung der höheren psychischen Funktionen, sondern nur dann, wenn durch das Zusammenwirken dieser Störung mit dem Aussetzen der notwendigen sozialen Unterstützung die Entwicklung höherer psychischer Funktionen partiell außer Kraft gesetzt wird (ebd., S. 256). Auf sekundärer Ebene wirken vor allem die Kooperation und die Kollektivität, die die Primärfaktoren der Rehabilitation sind. Existieren diese nicht, nur eingeschränkt bzw. wird die Umgebung zurückweisend erfahren, erfolgen zahlreiche Umstrukturierungen des Selbst, um unter diesen Bedingungen das Selbst zu erhalten. Ein Mensch in Isolation muss temporär sein Gehirn emotional verschließen, damit er emotional überleben kann. Trotzdem entwickelt er sich – allerdings im partiellen Ausschluss von der Kultur – auch unter diesen Bedingungen »wie durch Selbstzündung«. Dies entspricht gänzlich dem Begriff der funktionalen Entwicklung, der von dem amerikanischen Psychologen Kurt Fischer in die Entwicklungspsychologie eingeführt wurde (vgl. Fischer & Yan, 2002), den ich oben bereits erörtert habe. Vygotskij diskutiert dies sowohl am Problem der geistigen Behinderung als auch am Problem psychischer Störung. Hier verweist er auf Suchareva (1930/2010), die unter dem Begriff der »schizoiden Psychopathie« eine Erstbeschreibung des später so benannten Asperger-Syndroms publiziert hat.
Die basale Störung bei diesem Syndrom ist nach Auffassung von Suchareva eine Kombination aus (1) einer psychomotorischen Insuffizienz, (2) einer Störung von Vorlieben und emotionalen Reaktionen und ist (3) verbunden mit Besonderheiten im assoziativen Arbeiten und Denken. Diese sind die unmittelbare Folge des biologischen Insults, was immer dieser ist. Die biologische Insuffizienz drückt sich aktiv im Erleben und Verhalten aus, die drei Symptome sind daher bereits erste Kompensationsleistungen, mit der Schädigung selbst als Kern der Retardation untrennbar verbunden. Das Kind gerät in ein traumatisierendes Verhältnis zur Welt, das heißt in eine soziale Entwicklungssituation, die durch Isolation, durch Ausgrenzung, durch Hohn und Spott der Gleichaltrigen in der Schule gekennzeichnet ist. Dies isoliert nicht nur vom Zugang zur Kultur, vom umfassenden und allseitigen Aufbau von Bedeutungen, da der Primärfaktor der Prozesse höherer Entwicklung, die soziale Kooperation schwerwiegend gestört ist, es führt vor allem auch zu Verletzungen des Selbstwertgefühls und hat Folgen für den Aufbau des Selbst. Dass auch die Familie tief verwickelt in diesen Prozess ist, wird von Suchareva ausdrücklich hervorgehoben. Und diese Verletzungen des Selbstwertgefühls erzwingen weitere Umbildungen, mit denen das Kind bzw. der Jugendliche sich vor Verletzungen schützt. Es entwickelt Symptome, die nicht spezifisch für irgendeinen konstitutionellen Typus sind.
Diese von Vygotskij aufgegriffenen und weiterentwickelten Überlegungen entsprechen weitgehend den Hauptlinien einer modernen entwicklungs- und nicht defektbezogenen Sicht des Autismus, wie sie Georg Feuser (1979) in Deutschland bereits 1978 formuliert hat und wie sie sich gegenwärtig vor allem in den Arbeiten dreier Forschungsgruppen anbahnt:
(1) die Gruppe um Kurt Fischer an der Harvard Universität, die Autismus als Entwicklung auf einem anderen Entwicklungspfad betrachten, wobei alle Stufen funktionaler Entwicklung, jedoch bei meist sehr eingeschränkter optimaler Entwicklung bis hin zum abstrakten Denken und der in der Pubertät entstehenden Selbstreflexion durchlaufen werden (Fischer et al., 1997)
(2) die Gruppe um Colwyn Trevarthen (ebd.), die von einer Beeinträchtigung der Realisierung der intrinsischen Motivsystems bzw. einer seiner systemischen Komponenten ausgeht
(3) die Gruppe um Vittorio Gallese an der Universität Parma, die eine spezifische Form der Beeinträchtigung eines unmittelbaren emotionalen Embodyment durch Störung eines ersten und elementaren Systems der Spiegelneuronen des Gehirns annimmt – Emotionen können nicht oder nicht hinreichend unbewusst und direkt abgelesen werden –, während die Funktionsweise eines zweiten, auf rationales Verstehen angelegten Systems der Spiegelneuronen nicht gestört ist (Gallese, 2006; vgl. auch Jantzen, 2007b, 2008b).
Alle drei Forschungslinien weisen auf deutliche Umstrukturierungen des Selbst unter diesen Bedingungen hin, wie sie vergleichbar auch bei anderen Syndromen auftreten und trotz aller syndrombedingten primären Einschränkungen bei Autismus keineswegs nur spezifisch für dieses Syndrom sind. Alle genannten Konzeptionen betrachten autistisches Verhalten als sinnvoll und systemhaft und versuchen seine (intentionale) Logik entsprechend zu rekonstruieren.
Ähnliches entnehmen wir den Übersetzungen sogenannter autistischer Verhaltensweisen durch Donna Williams, selbst als autistisch diagnostiziert, in ihrem Buch »Ich könnte verschwinden, wenn Du mich berührst«. »Sich selbst verletzen« bedeutet zum Beispiel »zu testen, ob man wirklich ist«. Da kein anderer Mensch direkt erlebt wird, weil alle Gefühle an einer Art geistigem Kontrollpunkt aufgehalten werden, bevor sie dem Selbst übergeben werden, kann man sich leicht fragen, ob man tatsächlich existiert« (Williams, 1994, S. 298). Und in einem Interview mit SPIEGEL-TV hebt Donna Williams hervor, dass das, was andere Leute für Autismus halten, Selbstverteidigungsmechanismen sind (Williams, 1997).
Schlussbemerkungen
Kehren wir zurück zu unser Prozessbetrachtung in Chronotopen, kehren wir dazu zurück, dass jeder Mensch einzigartig ist und sein Verhalten aus je seiner oder ihrer Lebenssituation ebenso historisch kontingent ist wie sinnvoll und systemhaft, kehren wir dahin zurück, dass Entwicklung und Lernen sich nur verknüpfen können, wenn emotionale Resonanz und dialogische Reziprozität als Basis menschlicher Koexistenz gegeben sind, kehren wir zurück zu dem Beispiel des Beethoven-Quartetts. Mit diesem Vorverständnis möchte ich Ihnen zum Schluss eine kleine Szene wiedergeben, in der ich selbst versuche, mit einem sich schwer selbst verletzenden Mann einen derartigen prozessartigen Raum zu bilden, eine Situation, die wir aus Sicht der verschiedenen Beobachter in ihr verschriftlicht haben. Sie finden sie unter dem Titel »Maik – vier Perspektiven« auf meiner Homepage (Jantzen, 2004). Und beachten Sie: Die folgende, in meiner eigenen Schilderung wiedergegebene Szene bietet keinerlei Rezept, sie ist ebenso einzigartig wie verschieden von etlichen weiteren Situationen pädagogischen Handelns bei Selbstverletzungen, die ich erlebt habe. Und jede von diesen anderen Szenen ist wiederum höchst different zu jeder anderen.
Ich hatte Maik bereits am Dienstagnachmittag beim Kaffeetrinken der Gruppe gesehen. Er saß links von mir und dämmerte ein – verstärkte Medikation.
Mittwoch: Als ich um die Ecke des Flurs komme, sehe ich Maik, der sich schwer beide Gesichtshälften schlägt, mal gleichzeitig, mal abwechselnd. Die linke Gesichtshälfte ist vom Haaransatz bis zur Backe dunkelrot/blau geschwollen. Doris steht bei ihm und versucht ihm den Kopf zu streicheln und redet ihm zu. Ich frage, ob sie nicht ihre Hände zwischen Maiks Hände und seinen Kopf halten kann, oder ob das zu wehtäte. »Nein«, sie versucht es, streichelt weiter, ist aber noch nicht ganz sicher. Oft treffen die Schläge noch.
Ich gehe um den Tisch, setzte mich vor Maik in die Hocke. Gesichtsabstand vielleicht 40 bis 60 Zentimeter in gleicher Gesichtshöhe. Ich halte Blickkontakt und beginne zu reden – mit ruhiger Stimme und langsam: »Hallo Maik! Hallo! Das ist heute aber kein guter Tag.« Irgendjemand, vielleicht Doris, sagt, dass im Moment kein Tag gut ist. Ich rede weiter zu Maik, manchmal korrigiere ich Doris’ Hände: »Du musst ihn schützen.«
Maiks Augen starren durch alles hindurch. Ein uralter Gorilla in der Ecke eines Zookäfigs blickt so. Darf ich ihn so sehen? – Aber es ist so. Dann ein kurzer Blickkontakt, die Augen bewegen sich zu mir – dann wieder der starre Blick in Trance, »freezing«. Das Ganze mehrfach wechselnd. Ich rede ruhig weiter, was mir einfach so unmittelbar in der Situation und bezogen auf Maik einfällt.
Ich versuche, über meine Sprache, meinen Blickkontakt und meine nicht invasive Nähe eine Brücke zu öffnen. Er schließt lange die Augen, runzelt die Augenbrauen. Dann wieder Blickkontakt, zwischendurch wieder Trance und wieder längeres Augenschließen.
Dass auch die andere Backe ganz blau ist, dass er dicke Lippen hat, dass er furchtbar aus dem Mund riecht, taucht zwischendurch auf und verschwindet wieder. Ebenso Doris, die ihn jetzt gut abschirmt. Und plötzlich kommt seine entgegengestreckte Hand. Ich nehme sie, erwidere den Gruß: »Hallo Maik, ich bin Wolfgang.«
Er löst die Hand, nach unten bewegend; ich lasse die meine leicht auf der seinen liegen. Das dauert kurze Zeit. Er schiebt sie dann weg und legt seine Hand auf sein Knie. Ich lege meine Hand erneut auf seine, er duldet es kurz und schiebt sie dann weg. Ein drittes Mal – er duldet sie etwas länger. Ich sage: »Jetzt ist es genug«, und nehme meine Hand zurück. Ich halte weiter Blickkontakt und rede zu ihm. Das Schlagen hat sich bereits deutlich reduziert.
Ein Geräusch im Flur. Er nimmt den Finger an den Mund. Irgendjemand sagt, dass Essen kommt. Ich rede weiter mit ihm. Irgendwann setzt er die Mütze auf – noch völlig verdreht. Das Schlagen ist unterdessen fast weg. Ich sage »Okay, Maik, jetzt muss ich aber wieder weiter«, und strecke ihm meine Hand hin. Er gibt mir die Hand. Ich sage »Tschüss, Maik«, und stehe auf.
Doris ist fix und fertig, hält sich aber noch zusammen. Barbara sitzt am Tisch und weint. Ich sage zu ihr »Jetzt habt Ihr gesehen, wie es geht. Das könnt Ihr auch«, und »Du weißt, dass ich die Mitarbeiter nicht kritisiere. Ich bin hier, um Euch den Rücken zu stärken«, sie: »Ja, das weiß ich«. Ich verabschiede mich und verlasse mit Ingolf die Gruppe.
Ein sehr kurzer Blick in die Akte am nächsten Morgen ergibt: sieben Jahre hinter Gittern (Gitterbett). Bindungsverlust vor zwei Jahren. Diagnose: Infantile cerebrale Schädigung und Autismus. Mit Betreuer (S.) Situation einer OP. Im Auftrag des Arztes untersucht – der durfte ihn nicht anfassen. Alter: 25 Jahre. Gutes Sprachverständnis. (Jantzen, 2004, S. 21f.)
Ich schließe, wie ich begonnen habe, mit Worten von Paulo Freie:
»Die Herrschaft, die der Dialog impliziert, ist die Beherrschung der Welt durch die im Dialog Befindlichen. Er ist die Eroberung der Welt um der Befreiung der Menschen willen« (Freire, 1970, S. 72).
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4 Zuerst veröffentlicht in Reiser, H. (1996). Arbeitsplatzbeschreibungen – Veränderungen der sonderpädagogischen Berufsrolle. Zeitschrift für Heilpädagogik, 47(5), 178–186.
5 Zuerst veröffentlicht in: Schöler, J. (1987). Die Arbeit von Milani-Comparetti und ihre Bedeutung für die Nicht-Aussonderung behinderter Kinder in Italien und in der Bundesrepublik Deutschland. Behindertenpädagogik, 26(1), 2–16.
6 Neben den von Milani-Comparetti oder über seine Arbeit vorliegenden Veröffentlichungen war mir eine nicht veröffentlichte Examensarbeit von Eckhard Jäger eine wichtige Grundlage für diese Ausarbeitung. Eckhard Jäger hat 1985 das erste Staatsexamen im Fachbereich Sonderpädagogik in Tübingen abgeschlossen mit der Arbeit: »Die Methode der Früherkennung und Prävention körperbehinderter Kinder von Prof. Milani-Comparetti«. Er hatte für diese Arbeit von Milani-Comparetti die englisch- und italienischsprachigen Veröffentlichungen zur Verfügung gestellt bekommen, die Milani-Comparetti als die wesentlichsten ansah (siehe Literaturliste). Milani-Comparetti arbeitete in enger Kooperation mit dem Psychologen Roser und den Medizinerinnen Gidoni und Fantini; auch seine Veröffentlichungen sind meistens das Ergebnis dieser Kooperation. In dem Vortrag spreche ich nur von Milani-Comparetti. Er ist gestorben; die Kolleginnen und Kollegen werden die gemeinsame Arbeit weiterführen.
7 Das Gespräch, das ich am 6.3.1982 gemeinsam mit zwei Studentinnen aus Berlin und einem Sonderpädagogik-Studenten aus Reutlingen mit Milani-Comparetti führte, wurde auf Tonband aufgenommen. Anhand des Tonbandmitschnittes fasse ich den Inhalt zusammen. Wo die Aussagen wörtlich wiedergegeben werden, ist dies entsprechend gekennzeichnet.
8 Eine Mutter, die an einer meiner Exkursionen teilgenommen hatte, fuhr mit ihrer schwerbehinderten Tochter zu Milani-Comparetti, da keiner der zahlreichen deutschen Mediziner, die sie zuvor besucht hatte, ihr eine eindeutige Diagnose sagen konnte. Zweierlei hob sie bei ihrem Bericht über die Visite bei Milani-Comparetti hervor: Zum ersten Mal fühlte sie sich als Mutter ernst genommen. Er hatte sich mit ihr darüber unterhalten, wie es ihr während der vergangenen acht Jahre gegangen war. Die Diagnose: Es handelt sich um eine schwer progressive Erkrankung. Das war die Aussage, um die sich zuvor alle Spezialisten gedrückt hatten. Milani-Comparetti gab dieser Mutter aber auch den Mut, die Medikamentenbehandlung nach und nach abzusetzen, die das Kind in einem dauernden Dämmerzustand gehalten hatte. Die Mutter erlebt das Kind, das von ständiger Pflege abhängig ist und nicht sprechen kann dadurch als Mensch, dass es lächelt oder weint, tröstbar ist, seiner Mutter zeigen kann, wann es sich wohlfühlt.
9 Über die Entstehungsgeschichte dieses Buches und die Auswirkungen auf die italienische Schulreform (vgl. Brink, Thies, 1984). Lorenzo Milani schrieb einen Monat nach der Veröffentlichung: Das Buch ist »Frucht der Jugendlichen, außer meiner Regie (aber der Regie eines armen alten Sterbenden). […] Es ist notwendig, dass eine oder zwei Zeitungen klarstellen, dass diese Arbeit von den Jugendlichen ist. Dass dies eine neue Art zu schreiben ist, und dass sie die einzigwahre und ernsthafte ist. Was als sehr persönlicher Stil Don Milanis erscheint, ist nur das monatelange Verweilen an einem Satz, um allmählich alles wegzustreichen, was man wegstreichen kann. Alle können so schreiben, wenn sie wollen! Es ist nur ein Problem des Nichtfaulseins.«
10 Durchschnittswerte 1977: 1.–5. Klasse: 17,0 Schüler pro Klasse, 6.–8. Klasse: 22,6 Schüler pro Klasse und 9.–13. Klasse: 23,7 Schüler pro Klasse. Nach meinen Beobachtungen aus den Jahren 1982–1986 wegen rückläufiger Schülerzahlen: Frequenzen weiter gesunken. Gesetzlich fixierte Höchstfrequenz: 25 Kinder pro Klasse; wenn ein behindertes Kind dabei ist: Höchstfrequenz:
20 Kinder (vgl. Arnold, 1981, S. 97).
11 Über Luca berichtet auch Otto-Ludwig Roser (1985, S. 72–86). In demselben Sammelband berichtet Otto-Ludwig Roser über den Übergang von der Schule in den Beruf (1985, S. 87–90).
12 In Deutschland verleugnen Eltern die Behinderung häufig deshalb, weil sie nicht wollen, dass eine bestimmte Festschreibung zu einer späteren Sonderschulüberweisung führt.
13 Dies ist auch die Einschätzung, die Alfred Sander aufgrund seiner Studienreisen nach Italien gewonnen hat (vgl. Sander, 1985, S. 53–59).
14 »An der technischen Schule (die Maria Montessori vor ihrem Studium besucht hatte/J. Sch.) wusste niemand, was man in den Pausen mit den Schülerinnen anfangen sollte – sie konnten sich nicht unter die Jungen mischen und mussten vor Hänseleien geschützt werden, also brachten sie die Pausen in einem Raum zu, in dem man sie absonderte« (Kramer, 1983, S. 40). »Sie musste nicht nur auf dem Weg zur Universität und wieder nach Hause begleitet werden; sie durfte auch den Vorlesungssaal erst betreten, nachdem die anderen Studenten ihre Plätze eingenommen hatten. Eine junge Frau konnte sich anständigerweise in engem Kontakt mit Männern nicht frei bewegen« (Kramer, 1983, S. 49). »Da es undenkbar war, dass Männer und Frauen zusammen einem nackten Körper ausgesetzt werden konnten, und sei es eine Leiche, durfte sie nicht mit den anderen Studenten zusammen an Sezierkursen teilnehmen. Stattdessen richtete man es so ein, dass sie nach Dienstschluss ins Anatomiegebäude kommen durfte, wo sie am Abend an den Leichen arbeiten konnte« (Kramer, 1983, S. 49/50). Noch 1912 hatten die Medizinstudentinnen in Berlin einen eigenen Sezierraum (Kramer, 1983, S. 44). Maria Montessori soll es erst dem Eingreifen von Papst Leo XIII zu verdanken gehabt haben, dass ihr gestattet wurde, Medizin zu studieren (Kramer, 1983, S. 42).
15 »Aufmacher« in der »BZ« vom 3.5.1986 – S. 1 und S. 7: Nach telefonischer Auskunft der Schöffenstelle des Kriminalgerichts Moabit hat das Gericht den Befangenheitsantrag wegen der Teilnahme des blinden Schöffen abgewiesen. Die neueren Rechtskommentare sehen in der Blindheit eines Schöffen keinen Revisionsgrund.
16 Lusseyran erblindete als Siebenjähriger, besuchte aber in den dreißiger Jahren in Paris immer »normale« Schulen und Universitäten. Er gehört zu den wenigen Überlebenden des KZ Buchenwald und lehrt heute als Psychologieprofessor in den USA.
17 Immer mehr empirische Untersuchungen belegen die Entwicklungshemmungen, die für die betroffenen Kinder aus der Sonderschulüberweisung resultieren (vgl. Preuss-Lausitz, 1981; Merz 1985, 1985b, 1985c).
18 Alfred Sander verweist darauf, dass in der Bundesrepublik Deutschland – verglichen mit anderen Nationen – immer noch an der medizinischen Einzeldiagnose von Behinderung festgehalten wird. Er fordert: »Eine ökologische Klassifikation, die ernsthaft von den needs des einzelnen behinderten Menschen in seiner Umwelt ausgehen will, hat zur Voraussetzung, dass auch der Betreffende selbst dem Expertenteam angehört, welches die needs feststellt und die services zuteilt. Der behinderte Mensch sollte endlich als bester Experte für seine Bedürfnisse in seiner subjektiven Umwelt anerkannt werden! […] oder, wenn er noch sehr jung ist, seine Eltern eine gewichtige Stimme bei der Planung, Durchführung und Evaluation des Programmes« (Hobbs, 1975) haben. »Ich denke, dass zum Mitspracherecht der Eltern z. B. auch die Entscheidung darüber gehört, ob sie ihr behindertes Kind in eine Regelschule oder in eine Sonderschule einschulen wollen. […] Ohne ein solches elterliches Entscheidungsrecht scheint mir eine ökologische, bedürfnisorientierte Sonderpädagogik kaum möglich« (Sander, 1985, S. 28).
19 Hierzu ist ein ausführlicher Bericht von mir in päd:extra, 7/8, 1986, erschienen.
20 An Grundschulen in Ravenna und Bologna werden zurzeit entsprechende Schulversuche unter der wissenschaftlichen Begleitung von Andrea Canevaro und Nicola Cuomo durchgeführt. Schriftliche Berichte liegen noch nicht vor.
21 Die Liste der Schulen findet sich unter: http://www.berlin.de/sen/bildung/schule/bildungswege/gemeinschaftsschule/ (18.11.2017).
22 Der Praxisleitfaden kann über folgenden Link heruntergeladen werden: http://www.berlin.de/sen/bildung/schule/bildungswege/gemeinschaftsschule/ (01.12.17).
23 Siehe hierzu die produktive Vielfalt an solchen Arbeitsformen im Praxisleitfaden und Materialienband der Gemeinschaftsschulen, der auf der Internetseite der Senatsbildungsverwaltung abzurufen ist: http://www.berlin.de/sen/bildung/schule/bildungswege/gemeinschaftsschule/(18.11.2017).
24 Zuerst veröffentlicht in Kornmann, R. (1982). Von der Auslesediagnostik zur Förderungsdiagnostik: Entwicklungen, Konzepte, Probleme. Behindertenpädagogik, 21, 293-309.
25 Zuerst veröffentlicht in Preuss-Lausitz, U. (2010). Separation oder Inklusion. Zur Entwicklung der sonderpädagogischen Förderung im Kontext der allgemeinen Schulentwicklung. In
N. Berkemeyer, W. Bos, H.-G. Holtappels, N. McElvan & R. Schulz-Zander (Hrsg.), Jahrbuch der Schulentwicklung, Band 16 (S. 153–180). Weinheim und München: Juventa.
26 Die Begriffe Sonderschule und Förderschule werden in diesem Beitrag synonym verwandt. Die meisten Bundesländer verwenden den Begriff Förderschule, einige den Begriff Sonderschule. In manchen Bundesländern wird nur die Schule für Lernbehinderte bzw. die ehemalige Hilfsschule (allgemeine) Förderschule genannt.
27 Hier wird die Sprachregelung der European Agency (2005) verwendet; in einzelnen englischsprachigen Ländern gibt es bei manchen Beeinträchtigungen abweichende Bezeichnungen.
28 In manchen Statistiken werden Kinder mit autistischen Zügen gesondert aufgeführt, in anderen entweder zu »emotionale und soziale Entwicklung«, »geistige Entwicklung« oder der Restkategorie zugeordnet.
29 Förderschüler = Alle Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf in Sonderschulen und im gemeinsamen Unterricht (GU). Förderquote: Anteil in v. H. aller Schülerinnen und Schüler der Klassen 1-10.
30 Von der KMK werden Daten für Integration bzw. gemeinsamen Unterricht erst seit 1997 mitgeteilt. Sie werden z. T. in den Bundesländern unterschiedlich ermittelt, sind also nicht durchweg vergleichbar.
31 Das bedeutet zugleich, dass diese Schülerinnen und Schüler in den PISA-Studien nicht aufgenommen werden müssen und aus dem Ländervergleich herausfallen.
32 FöS = Förderschule/Sonderschule; GU: Integration im gemeinsamen Unterricht.
33 Dieser amtliche Anteil in Baden-Württemberg (BW) ist nicht vergleichbar mit dem anderer Bundesländer, da auch jene Schülerinnen und Schüler zu integrierten Kindern zählen, die in allgemeinen Schulen nur von Sonderpädagogen beurteilt, nicht aber unterrichtet werden. Die Sonderpädagogen sind verpflichtet, diese als (Integrations-)»Fälle« zu zählen. In anderen Bundesländern werden nur jene Kinder gezählt, bei denen sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert und die im allgemeinen Unterricht zusätzliche Lehrerstunden zur Förderung erhalten. In BW wird zieldifferente Integration (Förderbereich Lernen und geistige Entwicklung) nicht außerhalb von wenigen Schulversuchen zugelassen (Landesinstitut, 2009, 49).
34 Bayern verfährt statistisch wie BW.
35 Herkömmlicherweise wird ein IQ von unter 0.55 und/oder eine hirnorganisch eindeutig nachweisbare Schädigung bzw. eine genetische Anomalie (Down-Syndrom = Trisomie 21) zugrunde gelegt.
36 Italien begann 1973 mit der Auflösung der Sonderschulen und der Integration behinderter Kinder in die Regelschulen. Die Warnung vor der »italienischen Seuche« war eng mit dem Vorwurf der »Sozialromantik« gegenüber den Kritikern der Sonderschulselektion verbunden.
37 »Integrative Regelklassen« liegen meist in sozialen Brennpunkten und nehmen ohne sonderpädagogisches Feststellungsverfahren alle Kinder des Wohnumfeldes auf, soweit sie keine körperlichen, Sinnes- oder geistigen Behinderungen haben. »Integrationsklassen« nehmen Kinder mit festgestelltem Förderbedarf in den Schwerpunkten Sinnes-, körperliche und geistige Behinderung auf. Ab 2010/11 werden beide Formen zusammengeführt.
38 In Hamburg können seit Schuljahr 2010/11 die Schulen mit Integrationserfahrungen Kinder aller Förderschwerpunkte aufnehmen. Die Integrativen Regelklassen und die Integrationsklassen werden also langfristig angeglichen.
39 Der baden-württembergische Kultusminister Rau (CDU) sagt sogar explizit: »Die UN hat uns gar nichts zu sagen« (vgl. Die Tageszeitung v. 30.12.2009).
40 Zuerst veröffentlicht in Schildmann, U. (1997). Die Geschlechterdimension in der Integrationspädagogik. In W. Jantzen (Hrsg.), Geschlechterverhältnisse in der Behindertenpädagogik. Subjekt/Objekt-Verhältnisse in Wissenschaft und Praxis (S. 129–136). Luzern: Edition SZH.
41 In diesem Beitrag finden sich nur ausgewählte Literaturhinweise. Ein vollständiges Literaturverzeichnis ist Schildmann (1996) zu entnehmen.
42 Entsprechende Fragen wurden ebenfalls für die Berufsgruppe der Erzieherinnen/Erzieher bearbeitet (vgl. Schildmann, 1996, S. 61ff.). Außerdem wurde die Situation der beiden Berufsgruppen Lehrerinnen/Lehrer, Erzieherinnen/Erzieher in der Integrationspädagogik miteinander verglichen (vgl. Schildmann, 1996, S. 73ff.).
43 Vgl. darin: Tabelle 5: Hauptberufliche Lehrer an allgemeinbildenden Schulen nach Schularten und Beschäftigungsumfang im Schuljahr 1987/88. Vergleichbare Statistiken der folgenden Jahrgänge weisen keine geschlechterdifferenzierenden Daten zum Lehrpersonal aus.
44 Jantzen, W. (2011). Rehistorisierung unverstandener Verhaltensweisen und Veränderungen im Feld. Jahrbuch der Luria-Gesellschaft 2 (S. 10–24). Berlin: Lehmanns; erneut in (2012). behinderte menschen. Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, 4(5), 31–43.
45 Jantzen, W. (1987). Zum Verhältnis von Tätigkeitstheorie und Psychotherapie. Vortrag und Diskussion am 18.12.1987 im Haus der Gesundheit, Berlin/DDR. In Wendezeit. Biographisches und Politisches. Düsseldorf: 2017 i. V.
46 www.luriagesellschaft.de
47 Leider sind wir am Schluss in der dritten Verhandlungsrunde mit der Vizepräsidentin gescheitert. Der Uni Vechta war eine Professorin, die viele Drittmittel einbrachte, wichtiger als eine von ihr gemobbte Studentin. Uns war es dann wichtiger, die Mitnahme des BAföGs im Masterstudium an eine andere Universität zu sichern, als die Angelegenheit dort noch weiter zu verfolgen.
48 Leider trug Mignolo nur bereits Bekanntes vor und die Diskussion war für mich enttäuschend.
49 Dieses auf Francis Crick zurückgehende Dogma beinhaltet, dass die Entfaltung des Genoms nicht von oben beeinflusst werden könne. Man weiß unterdessen, dass über das splicing und editing durch die RNS sowie durch eine Reihe von Proteinen, welche die Transkription regeln, die Auswahl und Transkription der Gensequenzen durch die Zelle beeinflusst wird. Vgl. Oyama, S. et al. (2001). Cycles of contingency. Developmental systems and evolution. Cambridge: Mass.
50 Wacker, E., Quelle nicht mehr identifizierbar.
51 Dieser Eindruck hat sich unterdessen (Mai 2017) deutlich zum Positiven gewendet!
52 Der Papst spricht von KZs in Griechenland und wir halten den Mund! іQue no nos jodeis malditos cabrones! Wer kein Spanisch kann, möge jemanden um Übersetzung dieses Fluchs bitten.
53 Dazwischen lag: Jantzen (1979).
54 Erwähnen sollte ich vielleicht: Jantzen (2010a).
55 Hauptvortrag bei der Tagung: »Mitten im Leben? Möglichkeiten der Teilhabe von Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen«. Veranstalter: Evangelische Stiftung Neuerkerode. 22.10.2009 in Hildesheim. Gekürzt in (2010). Teilhabe, 4(3), 102–109.
56 MOSES, FAMOSES http:www.moses-schulung.de bzw. http://www.famoses.de/ (01.12.2017)